Visuelle Überwachung ist eine essentielle Komponente jedes Sicherheitskonzepts. Werden physische Zugangshindernisse zum Sicherungsbereich von Eindringlingen überwunden ist visuelles Tracking der Bewegungen und Aktionen der Eindringlinge der Backbone der Sicherheit. Bei Gefährdungslagen, die von vornherein keine Zugangshindernisse erlauben – Beispiel: Diebstahl in Ladenlokalen mit Publikumsverkehr – kommt die Überwachungskamera an der vorderen Front der Sicherung zum Einsatz.
Eine Sicherheitskomponente kann nur dann ihre optimale Wirkung entfalten, wenn sie selbst hinreichend sicher ausgelegt ist. Die prominente Stellung von Überwachungskameras in Sicherheitskonzepten macht sie zu bevorzugten Zielen von Angriffen. Angriffsvektoren sind zu analysieren und zu blockieren. Betriebssicherheit und 24/7 Verfügbarkeit sind zu gewährleisten. Sabotage der Überwachungsleistung ist vorzubeugen (Quelle: Überwachungskamera-Ratgeber von topsicherheit.de).
WLAN, Funk- oder verkabelte Kameras
Eine Überwachungskamera benötigt im Betrieb:
- Stromversorgung
- eine ausgehende Datenverbindung zu Überwachungsmonitor/Aufzeichnungsgerät
- Schwenkkameras darüber hinaus eine eingehende Signalverbindung zur Steuerung
WLAN, insbesondere Wi-Fi gemäß der IEEE 802.11b/g/n/ac/ax Standards, ist ein Ansatz zur Daten- und Kontrollverbindung, der auf den ersten Blick verlockend erscheint. Wi-Fi ist bis zum Access-Point kabellos. Die Standards Wi-Fi 5, Wi-Fi 6 und Wi-Fi 6E glänzen mit Durchsatzraten bis in den hohen einstelligen Gigabitbereich Gelänge es, auch noch die Stromversorgung von Verlegestrecken zu entkoppeln, könnten Baumaßnahmen zur Videoüberwachung theoretisch auf ein Minimum reduziert werden. Theoretisch.
Ein Problem mit dieser Idee ist der Unterschied zwischen dem spezifizierten Durchsatz und dem in der Praxis erzielten, vgl. etwa The Verge: „Wi-Fi 6: is it really that much faster?“. Bei der Spezifizierung von Datenraten wird von optimalen Funkverbindungen und optimaler Auslegung der beteiligten Komponenten ausgegangen. Bei Außenüberwachung aber ist die Funkstrecke zum Knotenpunkt nicht frei, sondern durch solides Mauerwerk verstellt. Im Mauerwerk können sich beliebig viele störende Stahlverstrebungen, Leitungen und Rohre befinden. Im Innenbereich sind die einzelnen Wände in der Funkstrecke im Mittel dünner, liegen aber gestaffelt und überlagern sich in der Dämpfungswirkung.
Dem Verfasser dieses Artikels ist es trotz spezifikationsgetreuer Konfiguration der Geräte bislang nicht gelungen, sein Laptop und sein Smartphone vom Nachbargarten aus stabil mit seinem heimischen Access-Point zu verbinden. Im Bereich von Sicherheitstechnik ist aber Stabilität unabdingbar.
Ein weiteres Problem ist die Gefährdungslage in Bezug auf Hackerangriffe. Zwar nutzen moderne Wi-Fi-Geräte Kryptografie zur Verschlüsselung der Nutzlast auf der Funkstrecke, sie sind aber auch Hochwertziele für Hackerangriffe. Mit dem Hacking eines Chipsatzes könnten Hacker eine Vielzahl von Angriffen auf Geräte realisieren, in denen jener Chipsatz verbaut ist.
Damit ist mit Ausnahme von Sonderfällen eine Daten- und Kontrollanbindung über fest verlegte Kabel für den professionellen, sicheren Einsatz einer Überwachungskamera unabdingbar.
Videospeicherung
Überwachungskameras sind 24/7 Video-Datenquellen. Für einen erfolgreichen Betrieb braucht es Datensenken mit entsprechender Kapazität, Ausfallsicherheit und geringer Latenz.
Moderne Festplatten in Desktop-PCs, insbesondere SSD-Festplatten, sind von Kapazität und Latenz her als Speichermedium geeignet. Problematisch an solchen Lösungsversuchen sind abweichende Auslegung und mangelnde Redundanz der Geräte. Ein Desktop-PC ist nicht auf 24/7 störungsfreien Aufzeichnungsbetrieb ausgelegt. Redundanz der Datenträger wird von OEM-Herstellern abgesehen von High-End-Produkten nicht angestrebt. Jede zusätzliche Festplatte würde zusätzliche Kosten verursachen. Redundanz im Sinne von RAID-Lösungen ist für den Massenmarkt zu hochpreisig.
Dedizierte Server sind die bessere Alternative. Redundanz bis zu Netzteil und Netzwerkverbindung ist in den – im Vergleich mit Desktop-PCs deutlich höheren – Anschaffungskosten eingepreist. Wegen des großen Datenaufkommens bei Videoaufzeichnung empfiehlt es sich, die Nutzdaten auf Speichermedien in redundanten RAID-Arrays vorzuhalten. Server können individuell betrieben oder bei in Rechenzentren von Providern hosted/housed werden.
Der Betrieb eigener Server bietet die größte Flexibilität. Andererseits erfordert diese Lösung personelle, zeitliche und infrastrukturelle Ressourcen. Wegen der hohen Leistungsaufnahme der Geräte im 24/7 Onlinebetrieb muss für Kühlung und Belüftung des Serverraums Sorge getragen werden. Staub und Feuchtigkeit sind die Erzfeinde der IT-Technik, ihre Bekämpfung erfordert Knowhow und produziert Kosten.
Für den Betrieb von Servern durch externe Dienstleister gibt es verschiedene Konzepte. Beim sogenannten Shared Hosting teilen sich mehrere Nutzer einen Server. Beim (klassischen) Hosting steht eine Maschine einem einzelnen Nutzer voll zur Verfügung. Wird die Maschine – gegebenenfalls zusammen mit Speicherkomponenten – vom Nutzer fertig konfiguriert in das Rechenzentrum eingeliefert, spricht man von Housing.
Im Bereich Sicherheitstechnik ist bei jeder Einbeziehung Dritter deren Vertrauenswürdigkeit zu überprüfen und deren Infrastruktur auf Angriffsvektoren hin zu sichten. Mit einem unbekannten Partner außerhalb des Gültigkeitsbereichs des deutschen BGB oder gar des EU-Rechts zusammenzuarbeiten verbietet sich unter diesem Aspekt regelmäßig.
Markenkamera oder NoName
Überwachungskameras sind komplexe elektrooptische Geräte. Diese in normierter Qualität zu fertigen, die Betriebssoftware gründlich zu testen, Garantie zu leisten, Support anzubieten und saubere technische Dokumentation zu erstellen kostet Geld.
Bei NoName-Produkten zu – angeblich – besonders günstigen Preisen stellt sich immer die Frage, woran seitens der Hersteller gespart wurde. Bei Überwachungskameras auf Wertarbeit zu setzen ist eine gute Leitlinie. Sicherheitstechnik schützt Werte und muss entsprechend werthaltig ausgelegt sein.
Vor dem Kamerakauf müssen die zu überwachenden Raumwinkel im Sicherungsbereich festgelegt und ausgemessen werden. Die Kamera muss dieser so ermittelten Spezifikation formal genügen, sonst scheidet sie von vornherein aus.
Neben der Spezifikation bildet die Qualität des Testbildes ein hartes Kriterium für oder gegen eine Kamera. Eine angeblich günstige Kamera, die schon im Nahbereich Gesichter nur unscharf wiedergibt, ist nicht günstig, sondern als Überwachungskamera für Sie wertlos.
Akku oder Stromnetz
Wie bei der Daten- und Steuerungsverbindung scheint eine Lösung ohne Verlegeaufwand auf den ersten Blick verlockend. Akkus und Batterien in Kleingeräten wie Überwachungskameras sind aber nicht für 24/7 Betrieb ausgelegt. Jeder Nutzer eines Mobiltelefons oder eine Laptops kennt die Situation, dass an Tagen intensiver Nutzung des Geräts der Akku schneller als erwartet leer ist.
Um Energie zu sparen, sind Kameras mit Akku oder Batterie nicht 24/7 online sondern erst nach einem Wakeup-Signal durch Bewegungsmelder, durch die Steuerung der Schließanlage oder anderen Signalgebern.
Dies führt zu einer Verzögerung bei der Überwachung von bis zu 10 Sekunden. Eindringlinge können diese Verzögerung nutzen, um unerkannt den überwachten Raumwinkel zu passieren. Hinzu kommen im Winter thermische Probleme durch im Standby-Modus vereiste mechanische Komponenten und Vereisung von Linsen.
Aus diesen Gründe ist eine Online-Stromversorgung von Überwachungskameras für den sicheren Betrieb unabdingbar.
Mit der oben empfohlenen Festverkabelung für Daten und Steuerung kann bei Einsatz von Cat. 5 und Cat. 6 Kabeln die Stromversorgung über PoE (Power Over Ethernet, IEEE 802.3) erfolgen. Hierzu muss der Switch PoE unterstützen oder ein PoE-Injektor in den Kabelweg zwischen Switch und Kamera eingebracht werden. Ferner muss die Kamera PoE unterstützen oder Daten und Nutzstrom vor der Kamera mittels eines PoE-Splitters getrennt werden.
Was beachten bei der Konfiguration?
Schärfe und Blickwinkel der Kamera müssen zum Überwachungsbereich passen. Die Stimmigkeit ist bei der Auswahl der Kamera zu berücksichtigen und später bei der Montage zu überprüfen.
Für Nachtsicht ist ausreichende Beleuchtung erforderlich. Die Physik gibt vor, dass Helligkeit mit dem Quadrat des Abstandes zur Lichtquelle abfällt. In der doppelten Entfernung ist es maximal jeweils nur noch halb so hell. Hinzu kommen nicht aufgehellte Schatten im Überwachungsbereich.
Für Überwachung im Außenbereich müssen Kameras speziell ausgelegt sein. Gehäuse, Kabeleinlässe und Optik müssen Feuchtigkeit, Staub und Temperaturextremen standhalten. Sie erkennen die Robustheit der Auslegung am Schutzgrad. Für den Außenbereich sind die Schutzgrade ab IP54 geeignet, IP66 ist unsere Empfehlung.
Der Blickwinkel einer Überwachungskamera auf den Überwachungsbereich sollte Gesichtserkennung ermöglichen. Zu hoch montierte Überwachungskameras liefern Abbildungen aus Vogelperspektive, die zur Personenerkennung ungeeignet sind.
Bei der Verkabelung im Außenbereich ist auf Freilandtauglichkeit der Kabelqualität zu achten. Die Spezifikation von Kabeln umfasst die Temperaturtoleranz. Achten Sie darauf, dass die Spezifikation mit den klimatischen Gegebenheiten ihres Sicherungsbereiches übereinstimmt!
Fazit
Überwachungskameras sollten stets fest verkabelt werden. Von WLAN-Lösungen ist Abstand zu nehmen, ebenso von Akkus und Batterien. Strom, Daten und Steuerung können beim Einsatz von PoE auf dem größten Teil der Wegstrecke zwischen Kamera und Switch über ein Kabel pro Kamera erfolgen.
Die Auswahl der Kamera steht in Korrelation zum Überwachungsbereich. Die Qualität der Technik bestimmt die Zielerreichung beim Einsatz von Sicherheitstechnik entscheidend mit. Sonderangebote von NoName-Herstellern sind nicht immer preiswert.
Der Betrieb von dedizierten Servern zur Videoaufzeichnung ist anzuraten. Die Abwägung zwischen eigenem Serverbetrieb und Delegation an Dienstleister ist von den Rahmenbedingungen abhängig.
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